Kann die Beleidigung „Du Arschloch“ eine fristlose Kündigung rechtfertigen?
Ein Arbeitnehmer, der seinen Arbeitgeber oder Vorgesetzten am Arbeitsplatz mit den Worten „Du Arschloch“ betitelt, muss an sich mit seiner sofortigen fristlosen Kündigung rechnen. Ein Angestellter kann sich hierbei nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Denn es handelt sich offenkundig um eine strafbare Beleidigung. Gleichwohl gab das Arbeitsgericht Mönchengladbach mit Urteil vom 15.02.2012 (Az. 6 Ca 3526/11) der Kündigungsschutzklage eines als Hilfsarbeiter beschäftigten Klägers statt und verurteilte ein Unternehmen zur Weiterbeschäftigung des von ihm gekündigten Arbeiters. Dabei nutzte es der Firma nicht, dass es nicht nur außerordentlich, sondern hilfsweise auch ordentlich die Kündigung des Arbeitsvertrags ausgesprochen hatte. In dem Fall, mit dem sich das ArbG Mönchengladbach zu beschäftigen hatte, kamen jedoch für den Werktätigen gleich mehrere günstige arbeitsrechtliche Umstände zusammen, die gegen eine fristlose Entlassung und sogar eine fristgerechte Entfernung aus dem Unternehmen sprachen.
Arbeitnehmer soll seinen Vorgesetzten schon mehrfach beleidigt haben
Im Arbeitsrecht sind bei einer Kündigungsschutzklage alle Gründe, die für und gegen eine Kündigung des Lohnempfängers sprechen zu berücksichtigen. Gegen den Arbeitnehmer fiel die schwerwiegende Beleidigung seines Vorarbeiters mit den Worten „Du Arschloch“ besonders ins Gewicht, die unter normalen Gegebenheiten eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätte. Die beklagte Firma hatte zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach vorgetragen, der vor die Tür gesetzte Arbeiter sei schon mehrfach mit Unverschämtheiten aufgefallen. All diese Argumente verhalfen dem Boss des geschassten Hilfsarbeiters vor Gericht nicht zum erhofften Sieg. Denn die 6. Kammer beim Arbeitsgericht Mönchengladbach hatte auch die Gründe, die für eine Weiterbeschäftigung des entlassenen Arbeitnehmers sprachen, in seiner Entscheidung über den das Arbeitsrecht betreffenden Fall zu berücksichtigen.
Der fristlos gekündigte Mitarbeiter erhielt zuvor nie eine arbeitsrechtliche Abmahnung
Der Spruchkörper – aus einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern bestehend – musste die widerstreitenden Interessen der Prozessparteien abwägen. Vorliegend musste es klären, ob das Interesse des Arbeitgebers, den Mitarbeiter aus dem Betrieb endgültig zu entfernen höherwertig ist, als der Anspruch des Arbeitnehmers dort weiter beschäftigt zu werden. Für die Beurteilung dieser Frage ist auch von Bedeutung, wie lange ein Mitarbeiter schon Betriebsangehöriger ist. Im konkreten Fall war der 1953 geborene Kläger vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach zum Zeitpunkt, als sein Brötchengeber die Kündigung ausgesprochen hatte, bereits über 35 Jahre im Unternehmen tätig. Das Gericht kam zu der Bewertung, dass dem Dienstherrn eine Weiterbeschäftigung zumutbar sei, da es sich nur um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei mehrfach auffällig geworden, war nach Ansicht des Gerichts ohne Substanz, da die beklagte Arbeitgeberin zum einen weder konkrete angebliche Vorfälle vorgetragen noch in all den Jahren den bei ihr beschäftigten Kläger nie eine arbeitsrechtliche Abmahnung ausgesprochen hatte. Eine fristlose Kündigung kam daher nicht in Betracht. Der Kläger war zudem zufällig zwei Monate vor der Kündigung auch Mitglied des Wahlvorstandes zur Wahl eines Betriebsrates, so dass er sich auf nachwirkenden Kündigungsschutz berufen konnte. Die ordentliche Kündigung war damit ebenfalls ausgeschlossen.
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